Eingestellt: | 2011-08-29 |
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GW © | |
Ich muss zugeben, dass ich neben der großen Begeisterung und nicht minder großen Aufregung, meinen ersten Siebenschläfer zu sehen, auch ein wenig besorgt war, dass der Kerl meine Hosenbeine emporklettert – von innen! Aber der Reihe nach: Ich liege auf dem Waldboden und widme mich ganz der Pflanzenfotografie, als ich links von mir ein Rascheln vernehme. Mein erster Gedanke: Dann sehe ich auch schon, wie ein graues Etwas auf mich zuläuft und sich dabei teils wie ein Känguru hüpfend fortbewegt, so hat es jedenfalls den Anschein. – Ratte? Nein, nicht hier mitten im Wald und auch nicht so grau. Ob das eine Springmaus ist? Aber so groß? Entlaufenes Chinchilla? Könnte auch ein Siebenschläfer sein… Hab da mal ein Foto im Forum gesehen. Schnell ein Kameraschwenk versucht; mist, das Stativ behindert hier am Boden die Mobilität. Also gaaaanz vorsichtig aufgerichtet und Kamera samt Stativ Richtung Motiv geschwenkt. Der kleine Kerl lässt sich davon nicht beeindrucken, hüpft/klettert/läuft in zwei drei Metern Abstand an mir vorbei. – Klasse, ich hab grad das 225er drauf. Und wie süß der jetzt da grade sitzt. Schnell auf Autofokus gestellt, fokussiert, Auslöser betätigt – doch es tut sich nichts. Sch…! Was’n jetzt??? Noch mal abgedrückt, immer noch nichts. Ach so, ja, Infrarot-Fernbedienung ist noch an der Kamera eingeschaltet. Umgestellt, einmal probiert, zweimal probiert, wunderbar, klappt jetzt, und der Kleine hockt noch immer da. Man, was hab ich für ein Glück! Wieder fokussiert, abgedrückt – doch es tut sich jetzt schon wieder nichts. Auotfokuseinstellungen überprüft. Habe in Erinnerung, dass es Einstellungen gibt, bei denen die Kamera nur auslöst, wenn scharf gestellt ist. Aber auch bei allen anderen Einstellungen tut sich nichts. Ratlosigkeit, bis mir einfällt, dass die Speicherkarte vorhin schon recht voll war. Der Graue ist inzwischen schon wieder ein Stück weitergelaufen, hat sich am nächsten Ort niedergelassen. Immer noch in erreichbarer Entfernung. So ein Glück! Speicherkarte überprüft, schnell einige Bilder gelöscht – der Kleine sitzt immer noch da. Gut! – Der lässt sich von mir wohl nicht stören. Position gewechselt, fokussiert, doch das Bild wird nicht scharf. Neiiin, das darf doch nicht wahr sein!!! Wieviel Pech habe ich eigentlich? Schnell wieder auf manuell fokussieren umgestellt, weil Blätter den Autofokus irritieren. Doch inzwischen scheint es bei dem Gesellen mit der Seelenruhe vorbei zu sein. Zielstrebig läuft er zwischen Farnkräutern, die die Sicht behindern, auf ein dichtes Unterholz zu und verschwindet. Ich kann mich in den A… beißen, dass ich die Gelegenheit zu einem guten Foto durch eigene Schusseligkeit habe verstreichen lassen. Doch nein, ich will noch nicht aufgeben. – So zielstrebig, wie der in diese Richtung lief, könnte es doch sein, dass er am anderen Ende des Unterholzes wieder zum Vorschein kommt. Ich mache mich schnell um das Gebüsch herum, in dem der kleine Kerl verschwand, und positioniere mich am anderen Ende. Und richtig, ich kann mein Glück nicht fassen, als ich kurz darauf links von mir eine Bewegung wahrnehme und einen grauen Schatten hinter ein paar jungen Bäumchen erkenne. Da kommt er auch schon an, langsam, mal ein paar Sprünge in diese Richtung, mal in jene Richtung, aber immer etwas dichter auf mich zu. Wieder Einstellung auf Autofokus gesetzt, gewartet, bis sich der Kleine ganz süß in Pose setzt, abgedrückt, doch bevor die Kamera auslöst, ist das Tierchen schon wieder munter weiter auf seinem Weg, der ihn immer dichter auf mich zu führt. Wieder fokussiert, abgedrückt, doch warum braucht der Auslösemechanismus so lange? Ja, richtig, die Spiegelvorauslösung; ist nicht so gut, die bei einem sich bewegenden Motiv eingeschaltet zu lassen. Derweil läuft das Kerlchen immer weiter auf mich zu. Ich versuche ihn durch das Objektiv anzuvisieren. Zwei Meter, einen Meter, einen halben Meter… Rumps. Doch, er will! Erkunden, was das für ein merkwürdiger Baum ist, der da in der Gegend rumsteht. Als ich meinen Blick vom Okular abwende und an mir heruntergucke, blicken mir zwei große, runde, schwarze Augen über einem spitzen Näschen und laaaangen Barthaaren entgegen. Ob’s da was zum Futtern gibt? Ich sehe es seinem begierigen Blick an: Der ist auf Nüsse aus. Oh Hilfe, hoffentlich macht er sich jetzt nicht den künstlichen Baumstamm rauf. Das ist mir in dem Augenblick aber auch egal. Die Kamera funktioniert endlich so, wie sie soll (na endlich!) und ich schaffe noch einige Aufnahmen, bis das Tierchen es sich wohl anders überlegt hat. Dann ist es auch schon in raschem Sprung wieder auf dem Boden und auf und davon. Einige Wischer bekomme ich noch hin, wie der Siebenschläfer den nächsten, diesmal echten Baumstamm emporflitzt. Nun ja, sonderlich scharf ist das einzige vorzeigbare Foto leider nicht (zuletzt hätte ich noch an die ISO denken sollen), aber es ist zumindest eine tolle Erinnerung an ein einmaliges Ereignis. |
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Technik: | D90; Sigma 225mm KB-Äquiv.; Stativ mit Freihand; f8.0; ISO unbekannt; 1/30s |
Fotografischer Anspruch: | Anfänger ? |
Natur: | Naturdokument ? |
Größe | 280.3 kB 800 x 532 Pixel. |
Ansichten: | 31 durch Benutzer427 durch Gäste658 im alten Zähler |
Schlagwörter: | siebenschlaefer wald |
Rubrik Mensch und Natur: |
zur Zeit bin ich einem Siebenschläfer auf der Spur, deshalb schaue ich Dein Bild an.Die Tierfotografie fordert uns manchmal so einiges ab, außer zu fotografieren, was Du hier sehr schön beschreibst. Danke für Deine nette Geschichte, sie hat mich sehr amüsiert.
Lg von Micaela
Dein Bild samt Geschichte dazu habe ich sehr genossen, das wollte ich Dir immer noch schmunzelnd mitteilen.
Gruß angelika
wenn dem einen oder der anderen meine kleine Geschichte ein Schmunzeln entlockt hat, dann hat sich das Einstellen des Bildes ja gelohnt. Danke für dein Feedback nach. Nach so langer Zeit hat das Bild auch bei mir wieder die Erinnerung an diese kleine Begebenheit wachgerufen. Das oder Ähnliches weiß hier wohl jeder zu berichten.
Keine Badehose... Ja, besser is das...
Viele Grüße
Gunnar
Ich denke, irgendwann erlebt jeder mal etwas Ähnliches. Das passiert einfach beim Fotografieren. Und hier kann ich zu meiner Entschuldigung zumindest noch anführen, dass ich die Kamera erst seit einem guten Jahr hatte. Freut mich, dass euch meine kleine Geschichte gefällt.
Viele Grüße, Gunnar
LG
Bernadette
vielen Dank für Deine amüsante Geschichte :) Auch wenn kein super Foto dabei rauskam, kannst Du Dich wirklich glücklich schätzen, sowas erlebt zu haben :) Das ist wirklich ein süßer Kerl.
Viele Grüße
Annica
für die Beschreibung gibts leider keine Wettbewerbssternchen. Schade!
Was Ähnliches ist mir mit einem Rotkelchen (turnend am Stativ)passiert. Für mich auch immer ein grund Natur zu fotografieren.
Gruß Ike
"Better late than never" heißt es doch, oder? So wage ich, auch heute noch einen schmunzelnden Kommentar unter dein Abenteuer-Bild zu schreiben.
Nun ja, dass das Bild nicht perfekt ist, weißt du selbst. ABER deine Geschichte ist etwas vom Feinsten und Spannendsten, was ich je hier im Forum gelesen habe. Von daher will ich einen - vielleicht für deine ganze weitere Laufbahn wichtigen - Impuls nicht auslassen: hast du mal über eine schriftstellerische Karriere nachgedacht?
Manno, wäre ich da gern dabei gewesen: ich hätte sicherlich meine ganze restliche Speicherkarte verknipst (und das ist nicht gerade eine kleine!), um euch BEIDE ins Visier zu nehmen und das Ergebnis als Userfoto hochzuladen. So was von köstlich!!!
Da lacht das Teufelchen
vielen Dank auch dir, für deinen netten Kommentar.
Ja, das war eine Erfahrung, die ich gerne mit euch teilen wollte. Daher auch die längere Entstehungsgeschichte, die zeigt, wie es einem Anfänger gehen kann: Ein irrer Dusel, dass sich ein so seltenes Tier nicht nur zeigt, sondern geradezu modelartig in Pose setzt und geduldig ausharrt -- und dann läuft, selbstverschuldet, so ziemlich alles schief, was schief laufen kann..
Freut mich jedenfalls, das auch du über den Bericht schmunzeln konntest.
Viele Grüße
Gunnar
Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare. Ich habe mich gefreut, dass meine kleine Geschichte bei euch Anklang gefunden hat.
@Betty:
Etwas vergleichbares habe ich wohl noch nie erlebt. Das kleine Kerlchen war einfach zu niedlich. Hätte ich glatt mitgenommen, wenn es sich in meine Tasche verirrt hätte.
@Werner:
Dieses merkwürdige Gehüpfe ist in der Tat augenfällig. Deswegen dachte ich auch unmittelbar an eine Springmaus (obwohl ich keine Ahnung habe, wie die aussieht) -- oder eben an die Fortbewegung eines Kängurus.
@Mark:
Du siehst, diese Knilche klettern nicht nur an Mauern hoch!
@Klaus:
Ja, ja, Schadenfreude ist doch immer wieder die schönste Freude. Schön, dass ich dir mit dieser Aufnahme eine Vorlage zum lästern geben konnte.
@Michael:
Habe über deinen Kommentar gelacht. Immerhin gut, dass ich mich noch als Anfänger einstufe. Dem darf so was passieren.
@Oliver:
Ja, so kanns einem gehen, wenn alles zusammenkommt. Immerhin, das Erlebnis kann mir keiner nehmen.
@Frank:
Wie ich schon erwähnte... Nüsse
Irgendwas hattest du doch bestimmt in den Hosentaschen ,weil der kleine Siebenschläfer so wild auf dich war?
Tolle Geschichte und ein mehr als ungewöhnliches Foto.
Viele Grüße Frank
in Deiner Story ist aber auch alles drin, was das Leben als Naturfotograf so lebenswert macht . Von himmelhoch Jauchzend, bis Ich geb's auf, ist alles dabei.
Einfach klasse beschrieben, was wohl schon so oder ähnlich die Meisten von uns erlebt haben.
Und wie wild entschlossen der Kleine an Deinem Hosenbein hochschaut.........
Tolles Erlebniss und Story
Gruss Oliver
ich freue mich, dass Du ebenfalls ao eine nette Begegnung mit einem Siebenschläfer hattest und diese auch so schön beschrieben hast
Viele Grüße
Mark
ein interessantes Erlebnis. Als ich vor einigen Wochen, neben einem Brombeergebüsch, auf Rehwild ansaß irritierte mich lautes Rascheln in diesem. Auf einmal sprang hüpfend ein graues Tier herraus und verschwand im Wald. Zuerst dachte ich auch an eine Ratte aber die hüpfen nicht so. Viel später kam mir der Gedanke das es ein Siebenschläfer gewesen sein könnte. Danke für deine Geschichte.
Gruß
Werner
niedlich sieht er aus, der Kleine. Und ich wäre sicherlich genauso aufgeregt gewesen
wie Du es in Deiner Geschichte beschreibst. Ein Siebschläfer, der am eigenen Hosenbein
hochklettert, dass ist schon eine besondere Situation ... Toll, dass Du uns dieses
Foto zeigst.
Liebe Grüsse, Betty
Euch eine gute Nacht
Gunnar
Bei der Story ist es ja mal vollkommen egal, dass das Bild etwas unscharf ist
Kurzweilige Unterhaltung vom feinsten und das Bild unterstreicht diese nochmals.
War bestimmt ein tolles Erlebnis
Grüße, Stefan
danke für deine kleine Geschichte zu diesem einzigartigen Moment, den du da erlebt hast
Zum Foto kann ich dir da nur zustimmen
Gruß Christian