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In meiner Freizeit bin ich viel zum Fotografieren in der Natur. Tarnnetz und Tarnzelt gehören dabei zum selbstverständlichen Equipment. Natürlich will ich mich den Blicken der Tiere entziehen, inzwischen nutze ich es aber auch zunehmend um mich vor den Spaziergängern zu verbergen.
Der Schuß kann allerdings auch nach hinten losgehen, wie ich kürzlich erfahren musste. Denn wenn das Tarnzelt in der Nähe eines Weges steht und noch dazu auf einem Friedhof, dann ist das Interesse der Spaziergänger erst recht geweckt. Und Kommentare wie:“ Jetzt zelten die schon auf dem Friedhof“ sind die harmlosesten Kommentare.
Es kann allerdings auch anders kommen und dann wird aus dem Fotoansitz etwas ganz anderes als ursprünglich geplant wurde. Diese Begebenheit will ich euch erzählen.
Ich sitze an einem schönen Sonntag Morgen also an einem Teich in einem sehr alten, wunderschönen Friedhof. In der Dunkelheit habe ich mein Tarnzelt aufgebaut und wollte die dort vorkommenden Eisvögel fotografieren. Der übliche Ansitz der Vögel ist eine Art Holzsteg. Wenig fotogen und teilweise zugewachsen. Das wollte ich natürlich ändern und habe einen schönen Stock in einem attraktiven Abstand zum Tarnzelt ins Ufer gesteckt.
Die Eisvögel machten sich rar, dafür war der Graureiher im Teich, die Gebirgsbachstelzen vertrieben mir die Zeit und es war eine wunderschöne Lichtstimmung. Die Eisvögel hörte ich, konnte sie aber nicht sehen.
Plötzlich strich der Graureiher ab und die Stelzen suchten am gegenüberliegenden Ufer nach Insekten. Ruhe. Bis auf ein Geräusch welches ich beim besten Willen nicht einordnen konnte. Es erinnerte mich an einen Asthmatiker der hinter mir im Zelt sitzt. Aber da war niemand. Und da das Zelt rundum – bis auf die Objektivöffnung an der Vorderseite – geschlossen ist, war mir auch der Blick nach hinten verwehrt. Also blieb ich sitzen und wartete einfach ab.
Plötzlich und ohne Vorwarnung erschien das Gesicht eines älteren Mannes mit Vollbart und Hut vor der Objektivöffnung. Mit vielem rechne ich ja, aber der Schreck ging durch und durch.
„Was machen Sie da?“
„Ich mache Naturfotografie.“
„Ja ist ein schöner Teich, hier. Hier bin ich jeden Morgen.“
Da ich nicht so gern mit einem Tarnnetz und Zelt zwischen mir und meinem Gesprächspartner kommuniziere und weil die Störung nun auch den letzten Vorgel vertrieben haben dürfte, entschied ich mich das Zelt zu verlassen und dem Besucher gegenüber zu treten.
„Was fotografieren Sie denn hier? Ist doch nichts da. Übrigens, das ist mein Hund, der Hasso.“ meinte er und zeigte auf den mittelalten Schäferhund der sich im Uferbereich und Flachwasser vergnügte.
„Ich würde gerne Eisvögel fotografieren.“ sagte ich in der Hoffnung das er den Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Tat er nicht, denn er blieb und schaute nachdenklich auf den Teich. Sein Hund hatte gerade den Ansitzast endeckt und beschnüffelte ihn neugierig.
„Ja Hasso, feiner Hund, bring das Stöckchen!“ rief er ihm zu.
„Entschuldigung, das ist der Ast von dem die Eisvögel aus jagen.“ Meinte ich und hoffte das wenigstens Hasso ein Einsehen mit mir hat. Hatte er nicht und er brachte den Ast, nicht ohne ihn ordentlich durchzukauen.
„Oh, Entschuldigung, nun ist er kaputt“ meinte der Herr und schaute etwas verlegen drein. Jedoch nicht ohne seinen Zweifel an meinem Vorhaben nochmals zu unterstreichen. „Hier habe ich noch nie einen Eisvogel gesehen. Spatzen und Amseln sind ja manchmal da, aber die sind ja immer so weit weg.“
„Ja, jetzt sind sie nicht da aber ich locke sie an.“ Klärte ich ihn auf. „Ich habe eine Dose Thunfisch dabei und da sind die ganz verrückt nach. Übrigens, haben sie einen Dosenöffner dabei?“ Ja, entschuldigung, aber irgendwann reicht es mir und dann fange ich eben an die Leute zu veräppeln.
„Einen Dosenöffner? Nein, habe ich heute nicht dabei.“ Meinte er bedauernd. Mir war klar, der ist hartnäckig.
„War die Kamera teuer?“ fragte er mit einem Blick ins Tarnzelt.
„Teuer ist relativ“ meinte ich und ergänzte „ja, ist sie und das Objektiv auch.“
„Dann macht sie wahrscheinlich richtig gute Bilder, oder?“
Jetzt geht’s ans Eingemachte denke ich mir. Das sind die Fragen wie ich sie liebe.
„Ja, sie macht Klasse Aufnahmen. Hat ja auch eine Motivklingel.“ Verwundert schaut er mich an und ich hoffe, dass er versteht das ich gerne wieder ins Tarnzelt schlüpfen und ihn mit Hasso seiner Wege ziehen lassen würde.
Leider wollte er noch nicht und ich sah richtig wie es in ihm arbeitete wegen der nächsten Frage. Die kam auch promt.
„Machen Sie das beruflich? Kann man damit viel Geld verdienen?“
„Nein, das ist mein Hobby und dafür bekomme ich keinen einzigen Cent“ klärte ich ihn auf.
„Und was machen Sie dann mit den Bildern? Diaabende?“
„Nein, das mache ich ganz bestimmt nicht. Ich sehe mir die Bilder an und freue mich.“
„Und dafür kaufen Sie sich so eine teure Kamera? Da haben Sie doch nichts von.“ Er war wirklich verwirrt. Verwirrter jedenfalls als mit der Dose Thunfisch.
Und weiter: „Wir waren in diesem Jahr auf Mallorca und da habe ich mit meiner Kamera bestimmt 300 Bilder gemacht. Mittwoch machen wir einen Diaabend mit der ganzen Familie. Da steckt ich die Kamera einfach in den Fernseher und schon sind die Bilder da. Toll was heute alles geht.“
Ich dachte daran wie eine ganze Familie gemeinsamen Suizid verübt als nach 4 Stunden Diaabend ein Ende nicht absehbar ist. Mir tun diese Leute einfach nur leid.
Ich hing meinen Gedanken nach und überlegte wie ich das ganze abkürzen könnte um von hier zu flüchten, als ich auf einmal ein Plätschern hinter mir hörte.
„Hasso, pfui! Das macht man doch nicht. Böser Hund.“ Ich drehte mich um und sah gerade noch wie die letzten Tropfen von Hassos Pipi an meinem Tarnzelt herunter liefen.
„Entschuldigung, das macht er sonst nie“ sagte der Mann und leinte Hasso an. „Ich muss auch los, meine Frau wartet sicher schon mit dem Frühstück auf mich.“ Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand zwischen den Grabmalen.
Ich bin sicher, der ist nur hier her gekommen um seinen Hund an mein Zelt pinkeln zu lassen! Der Morgen war gelaufen und ich werde erst mal einige Zeit brauchen um mich zu regenerieren.
Naturfotografen haben es wirklich schwer!
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