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Hey zusammen!

Mich würde mal eure Meinung interessieren. Und ich schreibe diesen kleinen Artikel bewusst nur hier im Forum, da ich das Folgende hier nicht so empfinde und andere Erfahrungen gemacht habe.

Wie vielleicht der/die ein oder andere mitbekommen hat, fokussierte ich mich nach einigen Jahren der Tierfotografie circa 3 Jahre lang stark auf die Landschaftsfotografie (2016-2018). Gerade die letzten beiden Jahren bin ich wieder öfter an „Wildlife“-Spots. Da ich nicht der Tarnzeltmensch bin, war ich ab und zu auch an bekannteren Spots, wo durchaus mal ein paar Fotografen neben einem stehen.

Dabei ist mir -gerade im Kontrast zu den vielen Sessions an Landschaftspots, wo man auch nicht immer alleine ist- aufgefallen, dass es enorme sagen wir kulturelle Unterschiede gibt. In der Regel (Ausnahmen begegnen einem natürlich auch) ging es bei Landschaftsfotografen um das Wetter, die Beschaffenheit des Spots, Perspektiven, ähnliche Spots, Aufnahmetechniken und andere aus meiner Sicht eher angenehme Themen.

Bei der Wildlifefotografie hingegen empfinde ich das mittlerweile als komplett anders. Mindestens mal die Hälfte der Fotografen beschäftigen sich drei Themen: 1.Technik (ohne Ende) 2.Eigenen Erfolgsstorys 3.(mein Favorit) Tips für andere.

Gerade in den letzten 6 Monaten habe ich das so intensiv erlebt, dass ich es teilweise gar nicht fassen kann. Zwei Charakterzüge fallen mir dabei stark auf: zum einen eine gewisse Empathielosigkeit und zum anderen eine gewisse Selbstüberschätzung, die mich so ein wenig an diesen Effekt erinnert über den ich mal gelesen hatte: https://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt

Ich will mal ein ganz triviales und konkretes Beispiel nennen, das erst ein paar Stunden alt ist: ich sitze mit meinem Kumpel Markus (Lenzen) vor einem Ast auf dem sich im Idealfall ein Eisvogel zeigen sollte. Kein unbekannter Spot, aber morgens steht nur ein Fotograf neben uns. Wir sitzen ruhig, mit Stativ und großer Festbrennweite, er steht und oder geht, etwas unruhig, mit kompaktem Telezoom. Es kommt eine weitere Fotografin, die allen unbekannt war. Sie, auf den ersten Blick sympathisch wirkend, spricht den stehenden Fotografen mit den Worten an „ah das hier ist ja auch eine schöne Stelle, wobei ich den Eisvogel früher auch schonmal ein Stück weiter ganz gut ablichten konnte“. Nun seine unmittelbare Antwort, und zwar nicht sinngemäß sondern im Wortlaut: „Naja, es gibt natürlich einen Unterschied zwischen ganz guten und sehr guten Aufnahmen. Ganze gute Aufnahmen vom Eisvogel habe ich alleine von dieser Stelle MEHRERE HUNDERT TAUSEND, aber sehr gute werden es gerade mal circa 30.000 sein.“

Wow, wie sehr man doch auf Menschen eingehen kann. Kurze Zeit später zeigte er uns natürlich auch ungefragt eine Reihe seine Bilder auf dem Handy. Und ich sage mal so, die Formulierung „sehr gute Bilder“ lässt wohl starken Interpretationsspielraum zu.

Ganz heftig waren auch einige Begegnungen bei einem längeren Fotoprojekt im letzten Sommer. Ich kann gar nicht ausreichend erzählen, …
- Wie Häufig ich ungefragt Tips und Tricks bekommen habe, wie man die Tiere richtig fotografiert. Bei vielen besteht die Grundannahme: du kannst nix und ich bin der Lehrer
- Wie Interessiert viele an den eigenen Ergebnissen und gleichzeitig uninteressiert sie am Ergebnis anderer sind
- Wie pauschal die Urteile über Technik waren und wie verständnislos für das Equipment des Gegenüber: hier geht es nicht um echten Erfahrungsaustausch, sondern um das Loswerden von feststehenden Urteilen

Vor allem ist mir auch aufgefallen, wie stark Botschaften gesendet werden. Wenn ich mit einem Supertele neben zwei Fotografen sitze mit einem z.B. 150-600er bilde ich mir nichtskommanull darauf ein. Leider ist es aber so, dass die Wahrscheinlichkeit bei mindestens bei 50% liegt, dass ich in der ersten halben Stunde nach Ankommen schon zugetextet werde – „es war ja eine bewusste Entscheidung, mir ist Flexibilität wichtiger, moderne Telezooms stehen ja Festbrennweiten in nichts mehr nach, das Geld spare ich mir lieber“, und so weiter…
HILFE denke ich mir dann oft, ich habe doch gar nichts gegen deine Ausrüstung aber immer wieder muss ich mir diese „wenn ich wollte dann könnte ich“ Botschaften anhören, es geht mir total auf den Keks.

Interessanterweise zeigen viele der wirklich sehr guten Fotografen diese Empathielosigkeit nicht. Ich stieß zum Beispiel während des o.g. Projektes auf unseren (ehemaligen) Forumskollegen Peter Lindel, den ich nicht kannte, und es war einfach nur ein nettes Gespräch mit gegenseitigem Interesse.

Wie denkt ihr darüber, habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Ist das ein deutsches Phänomen? Was sind die Ursachen? Oder fotografiert ihr sowieso immer nur alleine und mit Freunden? Ich für meinen Teil bin dahingehend regelmäßig entsetzt und versuche mehr und mehr solche Szenerien zu vermeiden. Ich hätte diesen Artikel auch nicht geschrieben, wenn das nur eine punktuelle Beobachtung gewesen wäre. Angesichts eines so schönen Hobbys und so schöner Motive gibt es doch so viele andere Themen über die man sich unterhalten kann.

Abschließend möchte ich nochmal auf meinen ersten Einleitungssatz hinweisen um nicht ganz auseinander genommen zu werden 😅😉

Viele Grüße, Thomas

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