Rätselhafte Pechlibelle
Eingestellt: | 2011-05-20 |
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Aufgenommen: | 2008-04-03 |
TS © | |
[Prolog: Auf erneut besonderen Wunsch eines einzelnen Herrn, erlaube ich mir hier neben der 'Vorstellung' einer neuen Libellenart für dieses Forum auch den Text, der an anderer Stelle von mir geschrieben wurde zu 'recyclen'... Ich hoffe es ist ganz interessant... - @Tobias: Ich habe damit meine 'Schuldigkeit' getan ] Moin, ich möchte Euch hier eine in zweierlei Hinsicht einzigartige Libellenart vorstellen. Das Bild zeigt ein Männchen der (des?) Citrine Forktail (Ischnura hastata), die - wie alle Libellen mit Vorkommen in Europa - auch einen deutschen Namen bekommen hat: Rästelhafte Pechlibelle. Es ist allerdings eine amerikanische Art, die von der USA bis nach Südamerika recht weit verbreitet und nicht selten ist. Wie die auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz vorkommenden Pechlibellen (Große und Kleine) gehört sie zur Gattung Ischnura und damit zu den Schlanklibellen (Coenagrionidae). In Amerika fliegt sie in warmen Gegenden das ganze Jahr über, im Norden nur in den Sommermonaten (logischerweise...). Sie ist sehr klein! Mit einer Körpergesamtlänge von 20-27 mm und bei einer Flügellänge von 11-15 mm ist sie deutlich kleiner als die hierzulande vorkommende Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), eher so wie die Zwerglibelle (Nehalennia speciosa). Die Männchen sind leicht an dem zitronengelben Abdomen zu erkennen, bei denen insbes. die letzten drei Segmente keine schwarze Zeichnung tragen. Einzigartig unter allen Libellen der Erde ist das Flügelmal (Pterostigma) der Männchen in den Vorderflügel nicht am Flügelrand sondern von anderen durchsichtigen Zellen eingeschlossen innerhalb des Flügels gelegen. [Der hier leider schlecht zu erkennende rote Fleck] Am Hinterflügel sind die schwarzen Flügelmale dagegen "normal". Warum aber der deutsche Name "Rätselhafte Pechlibelle"? Sie hat es möglicherweise (trotz ihres filigranen Baus) als einzige Libellenart evtl. aus eigenem Antrieb vollbringen können, den Atlantik zumindest +/- halb zu überqueren und sich dann als bodenständig zu etablieren. Seit mind. Ende des 19. Jahrunderts kommt sie auf nahezu allen Azoreninseln vor und ist dort sogar häufig. Wie lange sie schon da ist und wie sie dort hingelangten, weiß keiner, aber erst 1990 erkannte man ihre eigentliche Identität als "Amerikaner". Es gibt andere amerikanische Libellenarten, die ebenfalls zumindest gelegentlich den Weg über den "Teich" gefunden haben - wie auch immer (? Sturm, Schiff ?), aber zumeist deutlich robuster gebaut sind, wie z.B. der Blue Dasher, von dem man am 6.9.99 ein totes Weibchen auf einer Ölplattform nahe den Shetlands fand. Dennoch ist es auf den Azoren unmöglich ein Bild wie das zu sehende zu machen! Warum...? Es gibt ausschließlich Weibchen von Ischnura hastata auf den Azoren - keine Männchen! Die Azoren-Populationen dieser Libellenart vermehren sich einzigartig unter allen Libellen der Erde rein parthenogenetisch ("Jungfernzeugung"), d.h. die Weibchen dort legen unbefruchtet Eier, aus denen natürlich nur wieder Weibchen schlüpfen können. Parthenogenese ist im Tierreich nicht selten, bei Libellen war es bis zur Entdeckung dieser Azoren-Populationen allerdings unbekannt - und man kennt auch heute keine anderen Beispiele. In Amerika reproduzierensie sich "normal" durch geschlechtliche Fortpflanzung. Versuche, die Azoren-Weibchen mit amerikanischen Männchen zu verpaaren, scheiterten - anscheinend geht das nicht mehr... Danke fürs Anschauen und Lesen! Grüße, Thorsten |
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Technik: | Für Doku egal... |
Fotografischer Anspruch: | Dokumentarisch ? |
Natur: | Naturdokument ? |
Größe | 221.3 kB 800 x 533 Pixel. |
Ansichten: | 1 durch Benutzer172 durch Gäste247 im alten Zähler |
Schlagwörter: | citrine forktail ischnura hastata raeselhafte pechlibelle |
Rubrik Wirbellose: |
vielen Dank für Euer Interesse und netten Kommentare!
Grüße, Thorsten
schon ganz tief unten auf der Startseite des Forums versteckt sich dein sonderbarer Winzling. Um in mir keine Schamgefühle aufkommen zu lassen (Tobias: "Obwohl sich eigentlich jeder anspruchsvolle Libellenfreund schämen sollte, wenn er hier nicht kommentiert."), aber gewiss nicht nur deswegen jetzt auch ein Worte von mir.
Sicherlich lässt sich eine Libelle ansprechender fotografieren, aber ich kenne diesen Zwerg auch aus Florida und habe mir schon mehrfach beim Fotografieren die Zähne an dieser Art ausgebissen. Alles andere als einfach! Du erhebst ja auch "nur" dokumentarischen Anspruch an dieses Bild, es geht dir vielmehr um das Tier, das in der Tat eine sehr seltsame Libelle ist. Gern habe ich deine Hintergrundinformationen gelesen: Für jeden Forumsbenutzer und Naturinteressierten eine hochinteressante Beschreibung dieses Sonderlings!
Gruß nach HH
Jens
na also, geht doch!
Gerne wiederhole ich mich und schreibe, wie gut mir dieser Upload gefällt. Du zeigst eine mir unbekannte Libelle, in ordentlicher Qualität und mit ausgezeichnetem Begleittext. Für mich sind es auch solche Uploads, die das Forum so wertvoll machen, nicht nur die technisch perfekten Bilder (obwohl mir, wie Du weißt, die technische Qualität eines Bildes nicht unwichtig ist ).
Vielen Dank jedenfalls fürs Vorstellen dieser sehr speziellen Pechlibelle, schön, daß ich sie jetzt auch in "meinem" Forum bewundern kann. Daß solche Bilder nicht viele Kommentare bekommen, ist halt leider so. Obwohl sich eigentlich jeder anspruchsvolle Libellenfreund schämen sollte, wenn er hier nicht kommentiert.
Nochmals danke fürs Zeigen und viele Grüße
Tobias
klasse Text und "In Ordnung-Bild". Wenn sie sich nicht mehr paaren können müsste es aber ja eine eigene Art sein (je nach Definition). "Über den Großen Teich" könnte vielleicht auch als Eier auf einem Holzteil oder im Vogelgefieder oder wie auch immer sein. Man wird es wohl nicht erfahren
Schöne Grüße,
Jens