Mal ordentlich Dampf machen
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Eingestellt: | 2010-02-22 |
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JK © | |
Mal ordentlich Dampf machen Viele Betrachter dieses Fotos werden sich schon beim Anblick des Vorschaubildes fragen, was eine Dampflok in einem Naturfotografen-Forum zu suchen hat. Ich hätte das Bild vor einiger Zeit niemals zu zeigen gewagt, aber jetzt gibt es ja die Rubrik "Mensch und Natur". Norberts Bild ([url]336074[/url]...) gab mir schließlich den Anstoß diese Aufnahme hochzuladen. Wir sehen einen Zug der HSB (Harzer Schmalspurbahnen), der kurz vor seinem Ziel, dem Bahnhof auf dem Brocken, durch eine letzte Kurve fährt. Es ist - zumindest für mich - ein besonderes Erlebnis, einen dampfgetriebenen Zug vorbeischnaufen zu sehen oder gar in einem mitzufahren. Die Eisenbahn weckt in mir viele Kindheitserinnerungen; auf dem Dachboden breitet sich noch heute eine riesige Modellanlage aus, die allerdings nicht mehr benutzt wird, seit meine Kinder aus dem dazu passenden Alter heraus sind. Papa hat ja (eigentlich) ein anderes Hobby… Die knapp einstündige Tour von Drei Annen Hohne (diesen seltsamen Namen trägt ein kleines Dorf im Harz) rauf zum Brockengipfel in über 1100 m Höhe gehört daher bei fast jedem Harzbesuch zu meinem Programm. Der kleine Zug schlängelt sich kurvenreich durch eine winterliche Märchenwelt und erreicht am Brocken eine urige Landschaft und einen extremen Lebensraum. Doch hier soll es um "Mensch und Natur" gehen. So schön und faszinierend die Welt der Dampfrösser auch ist, so muss man doch auch sagen, dass mit ihnen alles anfing. Die Dampfmaschine markiert den Beginn des industriellen Zeitalters und leitete vor fast 200 Jahren eine für die Natur unheilvolle Entwicklung ein, die die Welt wohl nie zuvor so drastisch erlebt hatte. Der Mensch veränderte die Erde in dieser kurzen Zeit vermutlich stärker, als es jedes andere Ereignis in vielen Millionen von Jahren getan hatte, vielleicht von den extremsten Meteoriteneinschlägen und Vulkanausbrüchen abgesehen. Mit der Nutzung fossiler Brennstoffe schuf er die Voraussetzungen für die moderne Technik, die heute zum selbstverständlichen Bestandteil unseres Lebens geworden ist. Gleichzeitig breitete sich Homo sapiens über fast die gesamte Erde aus und eroberte alle Lebensräume. Er vermehrte sich stärker als je zuvor in seiner gesamten Geschichte, gestaltete riesige Flächen der Erde nach seinen Wünschen um und verdrängte etliche Lebewesen aus deren Habitaten. Die Bevölkerungsexplosion belastet die Umwelt inzwischen in extremster Weise. Es gibt kaum noch unberührte Lebensräume, das Artensterben hat erschreckende Ausmaße erreicht. Das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehende Kohlenstoffdioxid gehört zu den größten Bedrohungen der Welt, als gefährlichstes Treibhausgas ist es entscheidend verantwortlich für die Klimaerwärmung mit ihren weitreichenden Folgen. Was die Erfindung der Dampfmaschine auslöste, lässt sich gewiss noch viel genauer und detallierter darstellen, aber damit hat man schon viele Bücher gefüllt und könnte noch viele mehr schreiben. Unsere Spezies ist dabei sich ihr eigenes Grab zu schaufeln, und wenn wir von der Bühne der Welt abtreten, wird uns kein Tier eine Träne nachweinen (von Mücken, Flöhen, Zecken und einigen Haustieren mal abgesehen). Die überlebenden Tiere werden sich dann auf einer großen Wiese treffen, ausgelassen feiern und immer wieder ausrufen: "Die sind wir los!" Man hätte kürzlich auf der Klimakonferenz von Kopenhagen mal ordentlich Dampf machen sollen. |
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Technik: | Canon 1D Mark III + 100-400 mm/4.5-5.6 L IS, 1/200 Sek., F9, ISO 200, Freihandaufnahme mit Bildstabilisator |
Fotografischer Anspruch: | Fortgeschritten ? |
Natur: | Keine Natur ? |
Größe | 252.5 kB 999 x 666 Pixel. |
Ansichten: | 15 durch Benutzer201 durch Gäste1928 im alten Zähler |
Schlagwörter: | harz schnee winter |
LG Norbert
Vielen Dank für eure Rückmeldungen und Gedanken zum Thema!
In der Tat, es ist die Frage, ob dieses Bild hier überhaupt reinpasst. Aber die neue Rubrik und das stets aktuelle Thema machten mir den Mut, so ein Bild in einem Naturfotografen-Forum zu zeigen. Dabei ist wohl weniger das Foto, sondern vielmehr der Begleittext, auf dem der Schwerpunkt liegt. Das Foto dient eher der Untermalung und war als Aufhänger gedacht. Es war allerdings die Lok, die in mir die Gedanken zu dieser Problematik mal wieder wachrief.
Der Gang der Welt scheint kaum aufzuhalten. Einen wirklichen Wandel, zu einer Abkehr von der Lebensweise des industriellen Zeitalters und die Rückkehr zu umweltunschädlichem Verhalten sind wohl nur sehr, sehr wenige Menschen bereit. Die meisten sehen wohl die dringende Notwendigkeit, aber am Ende wird es heißen: Niemand wollte es wirklich. Ich schließe mich dabei keineswegs aus, auch ich bin ein kleines Rädchen im großen Getriebe dieser Welt. Ich reise kreuz und quer durch viele Länder, erlaube mir den Wohlstand und die Bequemlichkeit der modernen Welt und trage zum CO2-Fiasko bei.
Aber da fällt mir noch eine Gruppe von Menschen ein, die in Pennsylvania lebt und sich als "Amish people" bezeichnet. Viele dieser Amerikaner sind deutscher Herkunft und leben nach den Verhältnissen des 18. Jahrhunderts. Sie kommen ohne Strom aus – und an der Elektrizität hängt eine ganze Menge dran. Stellen wir uns mal eine Welt ohne Strom vor: kein Fernsehen, kein elektrisches Licht, kein Kühlschrank, keine Waschmaschine, kein Computer und all die anderen Produkte, die ohne den Einsatz von elektrischer Energie nicht einmal hergestellt werden können … Die "Amish" verzichten auf die ganze Welt der Moderne, und ich frage mich, ob sie dabei nicht ebenso glücklich und zufrieden sind wie "normale" Menschen. Sie haben keine Autos, sondern nur Pferdekutschen. Auf deren Rückseite ist ein ganz kleiner Schönheitsfleck befestigt, an dem sie nicht selber schuld sind: Wenn sie mit ihren Kutschen auf der Straße fahren, müssen sie Bremslichter haben. :)
Doch für die große, weite Welt ändert sich nichts. Fast jeder macht im Karussell mit und trägt ein bisschen zur Umweltzerstörung bei. Die Politik kann jedoch Weichen stellen und entscheidende Grundlagen schaffen. Das ging doch auch beim bleifreien Benzin, bei der Einführung von Abgasnormen, bei der Mülltrennung, … Erst wenn wir gezwungen werden, wird's offenbar anders. Nur muss es auch die Leute geben, die die Politiker dazu bringen, etwas zu verändern.
Gruß
Jens
Lieber Manfred Haupt,
mehr als 77.000 Protestmails von Campact-Aktiven haben die entscheidenden Haushaltspolitiker/innen der Regierungskoalition in den vergangenen Tagen gegen die geplanten Kürzungen bei der Wärmedämmung erhalten. Gestern am späten Abend fiel dann die Entscheidung: Die Mittel für die energetische Gebäudesanierung - und damit für eines der effektivsten Klimaschutz-Programme der Bundesregierung - werden in diesem Jahr mit 400 Millionen Euro mehr gefördert als ursprünglich vorgesehen!
Noch am Tag zuvor hatten wir mit einer Aktion am Brandenburger Tor demonstriert. Ein fast perfekt imitierter Bauminister Peter Ramsauer strich mit einem großen Rotstift die Wärmedämmung aus einer Fassade, die gerade von Handwerker/innen aufgebaut wurde. Denn bei dem Programm geht es nicht nur um viele Tonnen CO2-Einsparung, sondern auch um tausende Arbeitsplätze im Bauhandwerk.
Die Aufstockung der Mittel auf 1,5 Milliarden Euro ist ein großer Erfolg - auch wenn sie damit noch unter der Summe von letztem Jahr liegen, nämlich 2,2 Milliarden. Unser gemeinsamer Protest hat dazu beigetragen: Selbst im Haushaltsausschuss kamen unsere Emails zur Sprache. Und Bauminister Ramsauer will nun prüfen, wie ausreichend Mittel für die kommenden Jahre sichergestellt werden können.
Vielen Dank für Ihren Einsatz bei dieser Aktion!
Mit herzlichen Grüßen
Ferdinand Dürr
Campact e.V.
Artilleriestraße 6
27283 Verden
www.campact.de
Vor 75 Jahren gab es auch sehr, sehr viele Profiteure.
Die nachfolgende Generation stellte dann diese Frage:
"Das habt ihr doch gewußt! Warum habt ihr nicht mehr dagegen getan?"
Die Antwort wird auch diesmal lauten:
"Gewußt? Nein, so doch nicht. Nein, das haben wir nicht gewußt."
Egal, diese alten Dampfrösser sind immer wieder schön anzusehen. Auf so einem Teil wäre ich gerne mal Lokführer.
der Winter ist immer etwas Besonderes wenn man ihn auf dem Brocken einmal erleben kann! Nutze auch oft die Gelegenheiten um dort hinauf zu wandern oder auch bei 4m Schnee habe ich den "Gipfel" schon bestiegen! Aber ich lebe ja auch in Sachsen- Anhalt, da ist man schnell mal vor Ort!
Tolle Aufnahme und interessante Gedanken in deiner Anmerkung!
Gruß Thomas
ganz ehrlich: Das Thema passt sehr gut - das Foto in diesem Forum nicht... "Natur" spielt in der Bildaussage überhaupt keine Rolle, außer vielleicht, dass im Winter auf dem Brocken Schnee liegt und die Dampflock es dennoch schafft dort hochzufahren...
Anyway! Dennoch danke fürs Zeigen und die ausführlichen Gedanken!
Tja richtig... da kann man eigentlich nur beipflichten, so wie es alle vorher auch schon getan haben. Wolf sprach sehr gut die "Selbstkritik" an - das stimmt (... und ER ist ja 2x mit dem Fahrrad an den Varangerfjord gefahren... ). Es wird ja auch oft behauptet die Naturfotografie sei eine "Werbung" für Naturschutz, soll zur Sensibilität und so weiter im Umgang mit dieser beitragen - ja vielleicht sogar sorgen... hmmm... wenn man ganz ehrlich ist? Wirklich? Geht das? Ohne "Schattenseite", wie sie Wolf ansprach, die sogar eher das genaue Gegenteil bewirkt? Immer näher, immer exotischer, immer spektakulärer, immer seltener... ist es nicht eher DAS, was viele von uns treibt (schließe mich da ein)? Fotografiere ich wirklich vordringlich mit dem Gedanken mit dem Bild für "Naturschutz" zu werben und was "in der Bevölkerung" zu bewirken??? - Wenn ich ehrlich bin: Ich nicht! Aber ich würde es mir andererseits auch nicht "auf meine Fahne schreiben"...
Ansonsten ist es klar, dass hier ein "Einklang des Pessimismus" zu vernehmen ist - "hat alles keinen Sinn - geht sowieso in die Hose..."
Ich finde neben dem, was Du berechtigterweise hier ansprichst und was auch nicht "falsch" ist, aber auch genau diesen Pessimismus traurig... Was soll das denn alles noch - werfen wir uns doch alle gemeinsam vor "99-7238-1"...
Wäre es nicht schön gerade in dieser Rubrik auch den "Hoffnungsschimmer" zu zeigen? Das wenige vielleicht - aber das, was Mut machen könnte - Erfolgsgeschichten des Naturschutzes. Es gibt sie und das es weitere geben wird, daran SOLLTE man glauben WOLLEN. Jene Bilder (ich habe ja selbst keine, zugegebenermaßen...) könnten doch erreichen, was dieses nicht kann - zwar das "Herz" und den "Verstand", diese aber nicht nur betrüben, sondern Hoffnung geben - überhaupt einen Willen freisetzen an der Situation was zu ändern, wenn auch nur in ganz kleinem Umfang und mit vielleicht sehr geringem Erfolg. Machen das irgendwann Millionen/Milliarden Menschen, ist die Summe vielleicht der Erfolg, den wir jetzt nicht zu glauben bereit sind. Wenn nicht, ist es ohnehin vorbei... Das wars...
Vielleicht konnte ich Dich ebenfalls ein wenig zum Nachdenken anregen.
Du weißt ja sicherlich wer zuletzt "stirbt"... - lass sie uns bei dem Thema nicht schon vorher ableben...
Grüße, Thorsten
Gruß Gerd
Gruß Dieter
auch wenn ich nun wohl wiedermal nicht schlafen kann, dennoch danke für Bild und Gedanken.
Recht hast Du mit allem, was Du schreibst, aber was bleibt nach dem Lesen, ist eher ein Gefühl der Ohnmacht als der Hoffnung. Denke, auch diese soll man haben, auf daß es noch nicht gänzlich zu spät sei, das Ruder herumzureißen.
viele Grüße
Tobias