Unter Das H..ppchen (allgemeiner link) Das H..ppchen (wenn man angemeldet ist) steht mal wieder die Frage, "Was ist Natur?" Da ich das Thema sehr spannend finde, greif ich das mal hier auf, in der Hoffnung, dass sich ein oder zwei verirren. Kevins Statement greif ich mal raus, weil ich da Ansatzpunkte zum Antworten nehme: Ich persönlich würde zum Beispiel lieber 5 Km fahren um wilde Schneeglöckchen zu fotografieren, andere hingegen würden gar keinen Unterschied zu Schneeglöckchen aus dem Vorgarten-Beet machen. Das ist auch nicht schlimm aber es gibt einfach unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema. Was ist an Schneegloeckchen, die irgenwo in der Pampas wachsen, anders, als an Schneegloeckchen, die (verwildert oder zufaellig bzw gelassen) im Garten wachsen? Warum sind die "draussen" wilder, natuerlicher, (besser?)? Wir haben hier in der Gegend viele Schneegloeckchen und auch Maerzenbecher (Leucojum vernum); die meisten in Gaerten, und ich wuerde sagen, die meisten dort wild wachsend. Vielleicht hat sie mal irgendwann jemand gepflanzt, vielleicht kamen sie so, ich weiss es nicht. Fest steht, dass z.B. die, die hier im Garten sind, da einfach nur wachsen duerfen und nur insofern gehegt werden, als der Rasen nicht gemaeht wird und die Baeume erst eine ganze Zeit nach Abbluehen der Schneegloeckerln geschnitten werden. Was ist an den Krokussen auf der Bergwiese sooo anders? Die schauen (zumindest auf den alljaehrlichen Bildern in der Zeitung) nicht anders aus als die lilafarbigen hier im Garten. Warum duerfte ich Kanaans in der Wueste einstellen, einen Kanaan, der Familienmitglied bei uns ist, aber nicht? Warum darf ich dann aber wieder Woelfe, die im Gehege leben, einstellen? Was ist mit Ehrenpreis, Giersch, Ackerwinde und aehnlichem im Garten, die da zwar wachsen, aber 100%ig von niemandem (menschlichen) je gepflanzt wurden? Ist das dann keine Natur? Wo sind die Grenzen? Ich fuer mich kann z.B. nachvollziehen, dass Hochzucht-Milchleistungskuehe hier nicht so der Brueller sind, bei Galloway-Rindern wird's fuer mich schon wieder schwierig. Oder Orchideen - wer kann bei einem Makro sagen, in welcher Umgebung das aufgenommen wurde? Ist am Ende das schiefe, aber am Baum haengend aufgenommene Bild besser als das ueberlegt gestaltete der Orchidee, die man zuhause im Blumentopf hat? Nur, weil jemand in den Dschungel gereist ist und es dort aufgenommen hat? so fragende Gruesse |
eine nicht zu beantwortende Frage: "Was ist Natur?" - Du hast sie so allgemein gestellt, meinst aber sicherlich: "Was ist hier im Forum für Euch noch ein Naturfoto?"
Zwei für mich grundverschiedene Ansätze - die auch bei bestimmten Bildern durchaus aufeinander prallen können (wie bei Deinem verlinkten Beispiel von Kai) und die auch bei den geltenden "Naturkategorien" einen in meinen Augen nicht lösbaren Konflikt, der immer wieder auftauchen wird, bedeuten (aber egal ).
Die Wikipedia-Definition teile ich so nicht... Alles was vom Menschen geschaffen wurde, ist nicht Natur... das kann es nicht sein, denn wie der Autor schon zu bedenken gibt, ist es durchaus strittig, ob der Mensch zur "Natur" gehört oder nicht. Ich würde mich eher über die Antonyme "natürlich" - "künstlich" dem Thema nähern... "Künstlich" zeugt für mich von einem Planungsprozess, also einen menschlichen Eingriff mit gezielten Absichten (ein vorher festgelegtes Ziel) - das wird täglich milliardenfach (oder noch mehr) von uns Menschen gemacht - die "Natur" ist da aber gerne mal "anderer Meinung" bzw. liefert Resultate, die durch "natürliche" (nicht künstliche, von Menschen geplante Aspekte) plötzlich oder über geraume Zeit etwas anderes präsentieren, als "geplant". An dieser "Schnittstelle mit Grauzonen" sehe ich persönlich die Grenze zwischen "Natur" und "keine Natur" verankert. Nicht dort, wo wir als Menschen was geschaffen haben, sondern dort, wo wir dieses auch geplant haben (!). Das ist nicht einfach zu erkennen, oft sogar unmöglich.
Wenn ich einen Fichtenforst pflanze oder Raps auf dem Acker sähe, plane ich, dass irgendwann mal oder bald dort ein Fichtenforst ist bzw. der Raps blüht - ich habe aber keinen Plan davon, dass z.B. ein Habicht in dem Forst brütet oder das Blaukehlchen im Raps singt - das war nicht geplant, das ist nicht "künstlich", das ist "natürlich", eine unkontrollierte, nicht geplante Reaktion von Lebewesen auf unser Handeln. Pflanzt ein Mensch Winterlinge, Märzenbecher, Schneeglöckchen im Garten, möchte er, dass sie dort blühen und sich vermehren. Blühen sie dann auch irgendwann neben dem Garten oder auf dem Komposthaufen, ist das nicht geplant - der Grenzfall beginnt - wird es dadurch zur "Natur"? In gewisser Weise schon..., denn unser Handeln hat starken Einfluss auf unsere Umwelt und damit auch auf die "Natur". "Natur" ist für mich daher auch jeder Neophyt (Japanischer Knöterich, Riesen-Springkraut usw.) und jedes Neozoon (Nutrias, Nilgänse usw.) das selbstständig, ohne unseren "Plan", Dinge macht, die wir nicht planen konnten/wollten. Anpassungsfähigkeit, Dominanz, ökologische Nischen/Valenz sind da Stichworte... Die Frage dabei ist eigentlich nur: Hat unser "Plan" nicht "Nebenwirkungen", die wir nicht wollten?
Was ich aber dabei immer wieder SEHR BEDENKENWERT finde: Was wird von uns heutzutage als "Natur" empfunden/erlebt? Haben wir noch den Durchblick, was hier schon vor uns war? Wissen wir, was es zu Schützen und was es zu "Bekämpfen" gilt? Haben wir überhaupt noch irgendeine Vorstellung dessen, was "reine Natur" bei uns in Mitteleuropa wäre? Die Grenzen sind verwässert, die Grenzen zwischen Natur, Kultur und reinen künstlichen Elementen in unserer Landschaft und in unserer Flora und Fauna. Was soll Naturschutz schützen? Vieles davon ist reine Kulturlandschaft bzw. Arten, die dieser gefolgt sind...
Also: "Was ist Natur?": Das, was wir als diese empfinden! Ursprüngliches, nicht durch Menschen Verändertes, wird fast nicht mehr erkannt - leider....
Das Forum trägt m.E. (auch leider) weiter dazu bei: Beton (und Ähnliches) muss raus aus dem Bild, es muss schön grün, lebendig, gesund, möglichst "prächtig" und bunt aussehen... nicht nach Kultur, nicht nach Zivilisation oder Menschen... mit "Natur", wie sie bei uns ist, hat das nichts zu tun. "Natur" sind bei uns auch Müllkippen (Möwen, Ratten usw.), Betonbauten (Fledermäuse, Mauersegler, Flechten usw.) und selbstverständlich auch zahlreiche "Kulturbiotope" (wie Steinmauern, Extensivgrünland, Kopfweiden, Obstwiesen usw...) - alles ist Lebensraum und lässt zu, "natürliche" (nicht "künstlich von Menschen geplante" Ereignisse in Flora und Fauna) zu erleben.
Was davon nun noch ein "Naturfoto" ist oder keines? Das kann ich nicht am Bildinhalt ausmachen. Auch wenn fast nur Beton oder Müll zu sehen ist, so mag dort beispielsweise ein Tier leben (weil es damit klar kommt). Lichte ich es ab, so ist es für mich ein "Naturfoto"... aber das ist nur meine Meinung!
Grüße, Thorsten
Ich hatte die Frage schon extra so allgemein gestellt; dass es verschiedene Stroemungen fuer die Leute im Forum gibt, ist mir klar. Ich dachte das so als Denkanstoss; ich glaube, wir denken in vielem ziemlich aehnlich.
Dein Post hat jetzt wieder mir viele Denkanstoesse gegeben, die Richtung kuenstlich versus natuerlich ist interessant. Ob ich dem so zustimmen kann, ist mir noch nicht ganz klar, das muss nochmal sickern :)
Danke
Monika
Schoen, wenn Du die Zeit und die Moeglichkeit hast, Maerzenbecher puristisch in der Natur abzulichten, Ines. Andere haben sie nicht. Ich gehe da mit Ingrid - wenn man die Wiki-Definition puristisch ansetzt, kann man imho in Deutschland eigentlich fast gar keine Naturfotografie mehr betreiben.
allerdings verstehe ICH selber unter naturfotografie wirklich den weitesgehenden ausschluss von kultur und zivilisationsspuren.
Diesen Ansatz kann ich so nicht ganz teilen. Ich denke da z.B. an die Berliner S-Bahn zu Zeiten der Mauer. Oder andere Bahnstrecken, wo sich "Spontanvegetation" gebildet hat. Das sind fuer mich Stellen, wo sich die Natur Terrain zurueckerobert. Sollte man das ausschliessen, weil Bahngleise sichtbar sind?
Bei Versteckt wurden die Winterlinge zwar mit Sicherheit mal gepflanzt, aber von gestaltetem Garten kann imho schon lange nicht mehr gesprochen werden. Er verwildert so vor sich hin.
So gesehen bin ich ganz froh, dass es nicht Dein Forum ist (wo dann, wenn ich das richtig verstanden habe, viele Krokusse&Co in der Versenkung verschwinden wuerden). Aber ich kann nachvollziehen, dass ein in der Natur fotografierter Wolf Dir mehr Wert ist als einer aus dem Gehege; es ist auch einfach schwieriger.
Bei Pflanzen bleibt sich's fuer mich gleich; die Oekobilanz, wenn ich fuer ein Makro von einen Winterling in die Tuerkei reisen wuerde, schau ich mir lieber nicht an ;) Das Erlebnis ist natuerlich ein anderes, da bin ich bei Dir. Mehr Spass machen wuerde mir das denke ich auch :)
cu
Monika
nun ist der menschliche einfluss mittlerweile kaum noch auszuschließen, blumenwiesen werden gemäht, solitärbäume wurden unter umständen irgendwann von menschen gepflanzt usw.....
allerdings verstehe ICH selber unter naturfotografie wirklich den weitesgehenden ausschluss von kultur und zivilisationsspuren. und an sich würde ich mir das auch für ein naturfotografenforum wünschen. nun ist das nicht mein forum und ich bin hier lediglich gast und die regeln sind allen bekannt und werden gewiss auch kontrolliert. insofern liegt es mir fern zu kritisieren, dass zooaufnahmen und gartenblumen hier gezeigt werden. ich selber ignoriere solche aufnahmen weitesgehend weil sie für MICH offtopic sind, aber es steht mir nicht zu darüber zu bestimmen ob sie hier gezeigt werden dürfen. in einem anderen forum gibt es für solche fälle einfach einen offtopic-button, wenn der von genug renommierten usern gedrückt wird fliegt das foto von allein raus.
ich persönlich habe an meine naturfotografien den anspruch, dass es sich tatsächlich um solche handelt. nicht zuletzt ist es für mich auch ein deutlich intensiveres und schöneres erlebnis die märzenbecherwiesen oder die krokuswiesen aufzusuchen, als mich in einen vorgarten zu legen um blümchen zu fotografieren. für mich ist das naturerlebnis genauso wichtig wie die naturfotografie und untrennbar damit verbunden. und für MICH persönlich wäre eine zoo- oder gartenaufnahme einfach nicht so viel wert wie eine tatsächliche naturaufnahme. aber ich verstehe auch, dass andere das nicht so sehen, wohnort- oder zeitbedingt ihr "stück natur" in der großstadt oder im eigenen garten suchen müssen, es gibt sicher gründe dafür. umgedreht finde ich kann aber auch akzeptiert werden, dass andere (wie ich) das halt anders sehen.
Du schreibst es sehr nachdrücklich - es ist DEIN Naturempfinden.
Und ich denke, dass hast Du gut dargestellt.
Ich sehe es jedoch etwas anders.
Natürlich ist es ein wunderbares Gefühl, in der freien Natur zwischen den Märzenbechern liegen zu können - schöner als im Vorgarten die gepflanzten oder verwilderten Vertreter ablichten zu müssen. Zum einen ist dieses Gefühl der "freien" Natur in der Tat vielen Fotografen (auch hier im Forum ) nicht vergönnt, zum anderen wäre es ja schrecklich, wenn die auch noch zwischen den Märzenbechern "rumliegen" würden!
Ich kann es fotografisch überhaupt nicht nachvollziehen, wo bei Pflanzen der Unterschied zwischen "draußen" und „Garten“ liegen soll, wenn es sich um ein und dieselbe Pflanze handelt.
Hier hört´s für mich einfach dort auf, wo reine Kulturformen abgelichtet werden, wie Zierkirschen, Zuchtrosen, Tulpen und und und .....
Die Grenze ist sicher ein schmaler Grad!
Zu Zooaufnahmen möchte ich auch noch ein paar Zeilen schreiben.
Ich selber fotografiere immer wieder gerne in großen Tiergehegen. Der Grund? Ganz einfach, hier bekomme ich die Möglichkeit, auch heimische Wildarten bei Tageslicht ohne extreme Scheu in ihrem normalen Verhalten beobachten und fotografieren zu können.
Dass auch ich den Wert eines in freier Wildbahn entstandenen Tierbildes viel höher einschätze, steht auf einem anderen Blatt.
Wer weiß, wie schwer es ist, in einem Park ein vernünftiges Foto herzustellen, dessen Respekt steigt bei jeder „Draußenaufnahme“.
Ich persönlich denke, eine Parkaufnahme sollte daher immer etwas besonderes zeigen können, etwas, was „draußen“ einfach nicht aufzunehmen ist.
Zuletzt noch etwas zur Landschaftsfotografie.
Unser bundesdeutscher Wald ist weitestgehend ein von Menschenhand gestalteter Forst (man sieht es ihm bloß nicht immer und überall an) – keine Natur????
Unsere Offenlandflächen sind überwiegend landwirtschaftliche Flächen, selbst Brachflächen, Feuchtgebiete, Steinbrüche, Moore usw. sind weitestgehend von Menschenhand geschaffen – keine Natur?
Was bliebe denn dann bei puristischer Auslegung?
Ich plädiere in diesem Forum für einen lockeren Umgang mit dieser Frage.
Bisher wurden Ausrutscher zu diesem Thema schnell lokalisiert und „verschoben“ oder wieder gelöscht.
Die bisherige Diskussion zu diesem Thema hat sicherlich auch dazu geführt, dass sich der eine oder andere bei dem einen oder anderen Bild noch einmal überlegt hat, ob er es hochladen soll.
So, und nu muss ich mir überlegen, ob ich mein Bild der Woche „Wir sind da!“ löschen muss, denn es ist in einem Wildpark entstanden.....
Viele Grüße
Ingrid
schoen, dass wenigstens Ihr Euch meldet, danke :) Auch, wenn wir anscheinend eh einer Meinung sind und so eine Diskussion eigentlich gar ned so einfach ist :) Diejenigen, die eine kontraere Position einnehmen, halten sich hier leider vornehm zurueck.
Kurt, keine Natur - lt Wiki waere es ja nicht alles unbelebte, sondern alles, was nicht vom Menschen geschaffen ist. Somit sind Steine und Meer wieder ganz schnell mit drin :) Fuer die Gartenblumen wird's dann aber echt eng; andererseits - die Krokusse, die ich letztes Jahr gemacht hab, verwildern schoen staad vor sich hin, weil sich da auf dem Grundstueck niemand mehr drum kuemmert. Ob die dann schon zu Garden-Wildlife gehoeren?
cu
Monika
Du hast meine Meinung auf den Punkt gebracht.
Übrigens hatte ich "Das Häppchen" keineswegs als Provokation oder so eingestellt, und habe mich ja gleich eingangs dafür entschuldigt, dass es sich um einen Grenzfall der "Naturfotografie" handelt. Für mich kam in diesem Augenblick das Raubtier durch, in der braven Hauskatze - ihre wahre "Natur", sozusagen.
Ich bin sehr glücklich, dass es mir auch in der Stadt immer wieder gelingt, die dortige Natur wahrzunehmen (auch ohne dass ich dann immer gleich fotografiere). Gleichzeitig geniesse ich es natürlich auch total, irgendwo in einer Wiese frühmorgens auf dem Bauch herumzurobben, um Schlankfliegen zu finden Und wie bin ich zu der Wiese hingekommen? Mit dem Auto, über die Asphaltpiste. Alles ist relativ ...
Herzlicher Gruss: Kai
Respekt!
Sehr sauber den Sachverhalt dargestellt und die Fragestellung formuliert.
Und ohne mich näher dazu auszulassen, habe ich den Verdacht, das WIR BEIDE in der Antwort nicht so weit auseinanderliegen würden.
Viele Grüße
Ingrid