Meine aktive Zeit in diesem Forum ist längst vorbei, aber ich gucke dann und wann vorbei, um zu sehen, was für Bilder andere Fotografen einstellen. Von den jetzigen Forumsmitgliedern kennen mich wahrscheinlich nur noch sehr wenige, den langjährigen Forumianern werde ich vielleicht als Libellenfan in Erinnerung geblieben sein. Aus gegebenem Anlass möchte ich auf eine Erscheinung aufmerksam machen, die ich für bedenklich halte: Im Laufe der Jahre habe ich hier eine Vielzahl von Libellenbildern gesehen, bei denen sich mir die Haare sträubten. Eine Manipulation ist nicht immer nachzuweisen, aber gewissen Bildern sollte der Betrachter mit großer Skepsis begegnen. Da einige fragwürdige Bilder auch noch mit Lobeshymnen, Sternchen und Wettbewerbserfolgen geehrt werden, möchte ich darlegen, wann die Alarmglocken des Betrachters läuten sollten: 1. Libellen auf Blüten: Es kommt nur selten vor, dass eine Libelle sich auf einer Blüte niederlässt. Wenn gewisse Fotografen ihre Libellen häufig auf Blüten präsentieren, sind erhebliche Zweifel an der Authentizität angebracht. Ich kenne das Ruhen auf einer Blüte fast nur von Prachtlibellen. Sonst ist es als klare Ausnahme anzusehen. 2. Körper- und Beinhaltung: Auch die Körper- und Beinhaltung kann viel über die Echtheit einer Aufnahmesituation aussagen. Ich beschreibe den Normalfall einer waagerecht oder schräg an einer Pflanze ruhenden Libelle: Die Vorderbeine der Libelle sind nach vorne gerichtet, die Mittelbeine erfassen die Pflanze etwa unterhalb des Kopfes. Die Hinterbeine sind nach hinten gestreckt, drücken gegen die Pflanze und stützen den Körper so ab, dass der Hinterleib aufgerichtet werden kann. Alle Beine ergreifen eine Pflanze in der Regel mit ihren Fußgliedern, selten mit Schenkeln und Schienen, und wenn doch, dann gewiss nicht mit den Schenkeln und Schienen aller sechs Beine, sondern nur mit denen von ein oder zwei Beinen. Das Umklammern der Pflanze mit allen Schenkeln und Schienen ist höchst unnatürlich und kann ein Anzeichen einer Manipulation sein. Für die hier häufig gezeigten Segellibellen (zu denen gehören z.B. die Heidis) und viele Angehörige anderer Libellenfamilien kann man noch genauer werden: Die Fußglieder der Vorder- und Mittelbeine umfassen die Pflanze seitlich und ziehen den vorderen Teil des Körpers an die Pflanze heran, die Fußglieder der Hinterbeine drücken gegen den Ansitz. Es gibt Ausnahmen: Die Angehörigen der Gattung Orthetrum (Blaupfeile) ziehen ihre Vorderbeine oft an und legen sie in die Lücke zwischen Kopf und Brust. Auch beim Plattbauch und Vierfleck kann man dieses Verhalten bisweilen beobachten. Ein so fotografierter Blaupfeil bekommt von mir sofort ein Echtheitszertifikat. Bei senkrecht hängenden Libellen (z.B. Edellibellen/Aeshnidae) ist die Beinhaltung etwas anders. Auf dem Erdboden oder auf Steinen ruhende Libellen spreizen ihre Beine ähnlich wie oben beschrieben. Aus Libellenbestimmungsbüchern kenne ich unnatürliche Sitzposen. Die Autoren verweisen dann manchmal darauf, dass es sich um gefangene Tiere handelt, die zum Zweck der fotografischen Dokumentation an eine Pflanze gesetzt wurden. In einer Art Panikreaktion umklammert das Insekt die Pflanze mit Schenkeln und Schienen. Auch die Körperhaltung ist dann oftmals untypisch. Nach gewisser Zeit erholen sich die Tiere meistens und können ganz normal abfliegen. Denkbar ist auch folgendes natürliches Szenario: Ein Unwetter hat die Libelle überrascht, zu einer "Notlandung" gezwungen oder an ihrem Ruheplatz erwischt und zu einer unüblichen Sitzpose veranlasst. Belege oder Untersuchungen dazu kenne ich nicht. Weiterhin kann ich mich daran erinnern, dass ich mich einmal über die Geduld und Zutraulichkeit einer Libelle (Blaue Orientjungfer, Türkei) wunderte. Wie ich dann feststellte, war sie von einer Spinne gebissen worden und musste fortschreitende Lähmungserscheinungen erdulden. Kranke oder behinderte Libellen zeigen abweichende Körperhaltungen. Gruß |
das Thema ist nicht neu.
Zu Libellenfotos kann ich so gut wie nix beitragen, dafür zu Tagfalterfotos umso mehr.
Für mich sind manipulierte Fotos völlig in Ordnung, wenn sie eine normale / typische Lebensweise zeigen und den Lebensraum schützen. Heisst: besser das Insekt auf eine Blüte oder Halm am Wegesrand umsetzen statt im NSG blöd durchzutrampeln. Und wenn das nicht so einfach geht, bleibt's halt bei 'nem Belegfoto.
Ich find's gut, dass das Thema mal wieder auf den Tisch kommt. Leider wird's nichts ändern.
Ich bedanke mich für die Resonanz, die breite Zustimmung zu meinen Ausführungen und die Beschreibung weiterer Ausnahmen.
"Libellen auf Blüten": Wie bereits erwähnt, sind es in erster Linie Prachtlibellen, die man mal auf Blüten findet. Ich habe sie mehrfach auf den Blüten der Gelben Schwertlilie und des Pfeilkrauts gesehen.
Weitere Ausnahmen findet man z.B. bei den drei Arten der Gattung Erythromma (Großes und Kleines Granatauge, Pokaljungfer/Saphirauge). Sie halten sich meistens über der Schwimmblattzone von Gewässern auf. Auch wenn sie bevorzugt auf den Schwimmblättern ruhen, kann man hin und wieder beobachten, dass sie an Blüten Halt machen, z.B. an den Blüten der Teichrose, des Wasserknöterichs, des Gemeinen Wasserschlauchs, des Wasserhahnenfußes oder an den wenig attraktiven Blüten des Schwimmenden Laichkrauts. In Moor- und Heidegebieten kann es vorkommen, dass sich die dort (regional) häufigen Schwarzen Heidelibellen und Becherjungfern an den Blüten des Heidekrauts absetzen. Quelljungfern konnte ich in vereinzelten Fällen an Disteln beobachten. Sonst aber ist das Ruhen an Blüten die Ausnahme.
Ob ich wieder aktiv am Forumsleben teilnehmen möchte? Ohne jetzt in die Details zu gehen, das möchte ich nicht, die Gründe sind vielfältig.
Gruß
Jens
Ich persönlich fände es auch schöner, wenn man versuchen würde, die Libellen eingebunden in ihrem natürlichen Umfeld ohne große Einflussnahme fotografisch festzuhalten. Ist natürlich dann häufig nicht ganz so einfach.....
ich finde es gut, dass Du nochmal darauf aufmerksam machst....LG Lars
Schöne Grüße, Joachim
wohlgesprochen - ich pflichte Dir in allen Punkten bei!
Am besten würdest Du wieder damit beginnen, deine beispielhaften und tollen Libellenbilder hier hochzuladen. Was meinst Du?!!
LG nach Burg
Kai
Vielen Dank, dass du das Thema angesprochen hast. Ich fotografiere auch zum grossen Teil Libellen. Die wunderbaren Flugkünstler haben mich schon seit Jahren fest im Griff. Was du hier beschreibst, von der Haltung her, kann ich absolut unterschreiben.
Hier im Forum poste ich nicht so viele Libellenbilder, weil sie mir unzulänglich erscheinen, im Vergleich zu den Bildern im Forum. Da sollte ich wahrscheinlich doch mal genauer hinschauen bei den "perfekten" Bildern. Für mich, die diese Tierchen wirklich liebt, wäre es unvorstellbar eine Libelle anzufassen oder dergleichen. Darum komme ich meistens auch nicht auf die Idee, dass das Andere tun.
Meine Erfahrung ist, dass die Fluchtdistanz extrem von der Art abhängig ist. Aber eine starke Annäherung ist sowieso nur im Zeitlupen- Tempo möglich.
Auch die Tageszeit spielt eine grosse Rolle. Bei den meisten Arten erkenne ich kurz vor "Feierabend" eine viel grössere Toleranz. Da sitzen sogar die Dauerjäger mal ab und ruhen aus.
Deine Worte ermutigen mich, vielleicht doch mehr Libellenbilder zu zeigen, auch wenn sie nicht perfekt oder spektakulär sind.
Schön, dass es jemanden gibt, der sich um die Libellen sorgt. Danke dafür.
grüessli brigitt
danke für Deinen sehr interessanten Beitrag!
Ich tue mich auch sehr schwer mit der Bewertung von Insekten- und auch Amphibien-Fotos. Mittlerweile ist für mich nur noch ein unperfektes Insekten-Foto ein gutes Foto... das wirkt zumindest authentisch ob es wirklich so ist, ist dann die andere Frage.
Zum Thema Libellen auf Blüten: ich hatte einmal ein Großes Granatauge auf einer gelben Blüte... allerdings nur so kurz, dass keine perfekte Ausrichtung der Libelle zur Sensorebene mehr möglich war.
Zur Zutraulichkeit von Libellen: in einem Moor wo hunderte von Nordischen Moosjungfern auf dem Boden saßen, habe ich ein Exemplar gefunden dass eine Annäherung auf Foto-Distanz mit dem 180er Makro zugelassen hat... auf den Fotos habe ich dann erkannt, dass das mir zugewandte Auge stark eingebeult war.
Ähnlich ging es mir mit einem Plattbauch. Eins von etwa 10 Exemplaren, die abends die letzten Sonnenstrahlen nutzten hat mich auf Foto-Entfernung mit dem 180er Makro herangelassen und auch bei dieser Libelle war ein Auge beschädigt.
Beide Arten findet man in der Regel nicht morgens Tau-benetzt, da sie ihre Schlafplätze oben in den Bäumen haben.
Viele Grüße,
Kai
danke für deinen wichtigen Beitrag, du sprichst mir aus der Seele.
Ich vermisse hier deine hervorragenden Aufnahmen....
LG Thorsten
vielen Dank für deinen Beitrag!
Bei Libellen habe ich leider kaum Erfahrung und habe deien Worte sehr gerne gelesen. Bei Insektenfotos wird generell viel zu viel manipuliert, und oft leidet ein Tier darunter.
Überkreuzte Mandibeln bei Bienen und Wespen sprechen für ein totes/eingefrorenes? Tier! Dreck auf den Härchen und die "falsche" Beinstellung sind weitere Anzeichen für eine Manipulation. Natürlich kann man sich so einen Hintergrund schaffen, doch wird das meist nie deklariert und die Bilder mit Lobeshymnen überschüttet.
Deswegen nochmals, vielen Dank für deine Worte!
Liebe Grüße,
Chris
danke für diesen ausgezeichneten, aufklärenden Beitrag. Ich teile Deine Meinung zur bedenklichen Entwicklung in Bezug auf die Libellenfotos im Forum uneingeschränkt. Ich habe über die Jahre herausgefunden, wie mir Libellenfotos am besten gefallen: Möglichst authentisch und unbeeinflusst.
Was mir an Deinen Bildern besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Kombination aus Authentizität und künstlerisch ansprechenden Aufnahmen.
Viele Grüße: Andreas
vielen Dank für deine klaren Worte.
In der Hoffnung, dass sich die/der Eine oder Andere das Geschrieben zu Herzen nimmt!
Libelle auf Blüte mit leuchtendem Hintergrund sieht leider sehr viel "spektakulärer" aus, als wenn sie "bloß" auf einem verdörrten Ast sitzt. Ich bin dazu übergegangen bei diesen Bildern keinen Kommentar geschweige denn einen Stern zu hinterlasssen.
Leider gehen viele tolle Libellenaufnahmen (ohne Schnickschnack) in den Tiefen des NNF verloren, eben weil z.B. die bunte Blüte oder ein anderer spektakulärer Hintergund fehlt, der in der Realität nicht oder nur sehr selten vorkommt.
Viele Grüße,
Jörg
deinen aufklärenden Artikel begrüsse ich sehr. Ich selber habe wenig Ahnung
von dem Verhalten von Libellen und habe bis jetzt oft nicht einordnen können, ob ein Tier manipuliert oder nicht sitzt. Wohl war mir bereits aufgefallen, dass die von mir gesichteten Libellen nie auf Blüten sassen.
Danke für deine detaillierten Ausführungen...ich denke, der Artikel ist
eine Bereicherung für das Fórum.
Liebe Grüsse,
Marion