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Aus aktuellem Anlaß möchte ich mal etwas zum Thema EXIF-Datums- und Uhrzeitangaben schreiben.

Einige von euch scheinen zu glauben, dass die immer stimmen, oder stimmen müssen oder sollten, und setzen viel zu viel Vertrauen in diese Angaben.
Dieses Vertrauen ist nicht gerechtfertigt.

Der Faktor Mensch

Meine G9M2 geht eine Minute vor, die Oly geht eine Stunde nach, die FZ300 geht 20 Minuten vor, die Insta geht 2 Minuten vor, und die Akkus der Pentax und der GoPro sind leer, was mir erspart, wirklich peinlich falsch eingestellte Uhrzeiten bekennen zu können.
Dass die Kameras gerade die Sommerzeit anzeigen ist gut, aber im Winter haben sie die auch.

Das interessiert mich einfach nicht wirklich. Klar wäre es schön, wenn die Uhrzeit immer korrekt wäre, oder wenigstens im Sommer immer korrekt wäre, aber ich bekomme nicht dazu aufgerafft, einigermaßen regelmäßig die Uhrzeiten zu korrigieren. Die Kameras sind hoffentlich so eingestellt, dass ich diverse Menüs nie wieder aufmachen muss. So schön sind die nämlich auch nicht.
Ja, ich bin schlampig - aber ich wüßte, wo ich die Sachen einstellen muß. Andere schlampen nicht und finden die Einstellungen einfach nicht.
Halt, das war gelogen. Bei der Insta finde ich die Einstellung nicht. Ist aber auch egal.

Es ist nämlich so, dass ich nur den Tag brauche, und mich gelegentlich noch für den zeitlichen Abstand zweier Bilder interessiere. Die Uhrzeit an sich ist mir egal.

Das nächste Problem in dem Zusammenhang ist das Umstellen der Uhr wenn man auf Reisen geht.

Randnotiz: Liebe Kamerahersteller, so ein RTC-Modul kostet für Endkunden einzeln um die 6€. Da heißt, ab 1000 kosten die praktisch nichts. Die Dinger fressen auch nicht viel Strom, wenn man die nur einmal am Tag an macht.

EXIF-Zeitzonen

Erst seit der Revision 2.31 des EXIF-Standards, die 2016 veröffentlicht wurde, kennt dieser Zeitzonen.
Vorher… ja, da konnte die Kamera so etwas in der Art von "DateTimeOriginal: 2025:08:24 09:46:40" eintragen.

Das sah toll aus, und ist für technische Verarbeitungen und eigentlich auch sonst völlig unzureichend.
Denn damit man das Datum richtig einordnen kann, muß man wissen, wann und ob man die Uhr umgestellt hat, was man einige Jahre später eher nicht mehr weiß.

Die Macher des EXIF-Standard haben dann im Jahr 2016 zusätzliche Informationen eingeführt, beispielsweise "OffsetTimeOriginal: -09:30" (Marquesas, Französisch-Polynesien) - den Unterschied zwischen der in der Kamera eingestelten Zeitzone und UTC.

Ist damit alles gut? 2016 ist ja schon ein bisschen her, nicht wahr?

Nein, natürlich nicht. Ich entschuldige mich für den Einsatz einer Statistik, aber das muss jetzt mal sein.
Hier in den letzten 365 Tagen hochgeladene Bilder:

EXIFAnzahl BilderProzentsatzProzentsatz (100%: Die Zahl der Bilder mit EXIF-Daten)
Kein EXIF130114.9%-
021050.05%0.06%
02205566.4%7.5%
02212833.2%3.8%
0230162018.5%21.8%
0231463953.1%62.4%
02323323.8%4.6%
030040.05%0.05%

Man lese 0231 bitte als 2.31.

Das heißt, von den Bildern mit Exif-Daten haben nur 67% eine Chance darauf, Zeitzonenangaben zu haben (und das auch nur, wenn eine eingestellt ist).

Übrigens ist EXIF 2.32 im April 2020 veröffentlich worden. Daran sieht man sehr schön, wie schnell die Kamerabranche Neuerungen umsetzt und wie gut sie die Kamera-Firmware pflegt (btw. wie schlafmützig die Branche wirklich ist).
Meine Kamera kam 2024 auf den Markt, und ist auf dem EXIF-Stand von 2016. Danke, Panasonic.


Diese 66.9% sind noch eine etwas optimistische Sicht der Dinge, denn das waren nur die Kameras. Jetzt kommt die Software. Aber was kann da schon schief gehen?

Na, viel. Es gibt immer noch Software, die nur ihr bekannte Datensätze exportiert oder kopiert, und die wirft, wenn sie hinreichend alt ist oder wenn die Entwickler die Existenz der neuen Angaben nicht mitbekommen haben, die schönen Zeitzonenoffsets weg.

Software soll auch beim Bearbeiten des Bildes das DateTime-Feld ändern. Wenn eine Bildbearbeitung das tut, und von den Offsets nichts weiß, aber unbekannte Datensätze exportiert oder kopiert, dann kommt beim Bearbeiten eines in Französich-Polynesien aufgenommenen Bildes am Heimatort oder in Budapest die falsche Zeitzone in die Ausgabe.

Ihr meint, das passsiert nicht?
Doch, das passiert. Wenn die Kamerahersteller, die immerhin reguläre CIPA-Mitglieder sind (das ist die Organisation, die den Standard macht), lieber acht Jahre alte Standards implementieren als 5 Jahre alte, und bei Firmwareupdates EXIF immer vergessen (und das ist so), warum sollten die Softwarehersteller dann irgendwie besser und nicht noch langsamer sein?

Weil die Softwarehersteller eure Interessen im Sinn haben? Nein, denen geht es um ihre Umsätze (sollte es auch).

Dazu kommt noch, dass Softwareentwickler solche Konstruktionen, wie die CIPA sie da geschaffen hat, nicht gerne sehen. Jede einzelne Uhrzeitangabe in EXIF verteilt sich auf drei Datensätze (DateTime, OffsetTime, SubSecTime [Bruchteile eine Sekunde]), und da denkt ein Softwareentwickler "das hätte man besser machen können" - wenn er einen freundlichen Tag hat. EXIF ist in der Hinsicht Dreck, und das harte Wort benutze ich hier mit Absicht.

Du fragst Dich warum?
1) Es gibt Standardformate für Datum und Uhrzeit, die man in jeder Programmiersprache leicht (ohne viel Code schreiben zu müssen) parsen/verstehen kann.
1a) EXIF hat beim Datum eine häßliche Konstruktion, die nicht Standard ist ("2025:08:25"). Schon da muß man frickeln.
1b) Die SubSec-Angabe ist schlicht idiotisch. 130 Millisekunden kann als "130", "130 " (also mit einem Leerzeichen), und als "130" mit beliebig vielen Leerzeichen geschrieben werden. Das ist unnötig häßlich. Dazu ist die Definition des Feldes auch noch schwammig. "fractions of seconds". Was bedeuten denn 130, 60, 059, und 283228? Wo steht denn, dass ich die 130 als Millisekunden und die 283228 als Mikrosekunden interpretieren soll?
2) Unnötig fehlerträchtig wird das Ganze auch noch dadurch, dass einzelne Felder fehlen könnten. Statt eines einfach Aufrufs einer Funktion, um ein Datumsfeld zu analysieren, sind da plötzlich Fallunterscheidungen.
Jede Sache für sich ist noch relativ harmlos. Zusammen ist unnötigerweise viel zu fehlerträchtig.

Die Datumskonstruktion des EXIF-Standards hat einen ekelhaften Eigengeruch.

Da geht man nicht dran, so lange man nicht muß, und selbst dann will man das auf Praktikanten abwälzen, weil man dem Management nicht beibringen kann, dass so ein Mist mit allen nötigen neuen Tests ein paar Tage dauern könnte. Ist ja nur ein Datum mit Uhrzeit, nicht wahr?



Dann ist da noch die Anzeige der Daten.

Programm 1 nimmt DateTimeOriginal (2025:08:24 09:46:40) und Offset (-09:30 [UTC!]), und zeigt 21:16:40 MET an, wenn es denkt, dass der Mensch an der Tastatur gerade in Deutschland ist.
Programm 2 zeigt 09:46:40 -09:30 an.
Programm 3 nimmt nur DateTimeOriginal, und zeigt 09:46:40.
Programm 4 zeigt 19:16:40, weil der Standort London konfiguriert ist.

Nichts davon ist wirklich falsch. Das kann man alles rechtfertigen.

In Programm 5 könnt ihr den Mausover über dem Bild selbst konfigurieren, und da DateTime noch auf der ersten Seite, DateOriginal und CompositeDate (falls das Programm das da bietet) schon auf der zweiten Seite kommen, wählt ihr DateTime, und bekommt dann immer das Datum der letzten Bearbeitung, abzüglich Zeitzone.

In der Realität ist das Problem noch etwas komplizierter, denn an dem einem Ort könnte Sommerzeit gewesen sein, und an dem Anderen nicht. Das kann man umrechnen, aber das ist eine der Sachen, die viel häufiger schief gehen als man glauben mag.

Das grundsätzliche Problem an der Stelle, dass der EXIF-Standard nicht vorschreibt, wie das Daten angezeigt werden müssen, weshalb jedes Programm seine Logik bei der Darstellung anwenden wird.


Langer Rede kurzer Sinn: Daten und Uhrzeiten in EXIF vertraue ich nicht sehr weit.

Nun noch eine Anmerkung zu einem Umstand, der mir nicht gefällt. Es geht darum, dass jemand wegen "falscher" Uhrzeitangaben kritisiert wurde, was ich nicht nur wegen des oben Geschriebenen für fragwürdig halte, und auch nicht nur, weil ich nicht glaube, dass diese Kritiker den EXIF-Standard und seine Schwachsinnigkeiten kennen, sondern weil ich es bedauerlich finde, dass so Menschen dazu verleitet werden, keinen EXIFs mehr mit zu liefern.

Gruß, Uwe

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